Ein Blues ist unverkennbar ein Blues. Doch was macht den Blues aus? Es gibt viele Versuche, den Blues über seinen emotionalen Gehalt, seinen kulturellen Ursprung oder seinen gesellschaftlichen Kontext zu erklären.
Als Musiker liegt es nahe, den Blues unter musikalischen Gesichtspunkten zu betrachten und die Merkmale hervorzuheben, die für den Blues typisch sind. Nicht alle der im folgenden aufgeführten Merkmale müssen zwangsläufig zutreffen, um Musik als Blues einzuordnen. Aber sie geben zumindest eine gute Orientierungshilfe.
Der Blues ist entstanden aus der Verschmelzung von westlicher und afrikanischer Musik. Während das westliche Harmonieverständnis auf dem Ionischen Skalensystem nach Pythagoras und somit auf heptatonischen Tonleitern mit sieben Stammtönen beruht, basiert die afrikanische Musik auf pentatonischen Skalen mit fünf Stammtönen.
Aus diesen pentatonischen Skalen haben sich weitere, für den Blues typische Skalen entwickelt. Die pentatonischen Skalen und die modifizierten Blues-Skalen sind essentiell für den Blues und lassen eine Tonfolge sofort als Blues erkennen.
Im Blues werden die Grundakkorde üblicherweise mit kleinen Septimen als Rahmenintervall gespielt. Dreiklänge in Dur und Moll werden jeweils um eine kleine Terz zu Vierklängen, den Dominantseptakkorden und Mollseptakkorden ergänzt.
Die Septakkorde verleihen dem Blues seine typische Grundstimmung, leicht disharmonisch und emotional bewegend.
Der im Blues typische Rhythmus entsteht durch "linkslastige" Triolen. 1/4-Noten werden in drei 1/12-Noten (Triolen) aufgeteilt, wobei die erste Note gespielt, die zweite Note nachklingt und die dritte Note wieder gespielt wird.
Diese Form der Rhythmisierung gibt dem Blues seinen unrunden, schleppenden Charakter.
Eine Blues-Harmonie besteht aus drei Leitakkorden. Dabei handelt es sich nach der Stufentheorie um die auf der Tonika (T), der Subdominante (S) und der Dominante (D) gebildeten Septakkorde.
Beispielsweise sind das bei einem Dur-Blues auf dem Grundton e, die Akkorde E7, A7 und B7 (deutsche Schreibweise H7).
Im Blues folgt die harmonische Progression in ihrer ursprünglichen Form einem Muster aus zwölf Takten mit einer definierten Reihenfolge der Leitakkorde.
Die typische Blues-Progression ist: 4 x T // 2 x S + 2 x T // 1 x D + 1 x S + 2 x T
Dem 12-Takt-Schema sind am Liedanfang häufig ein Auftakt oder ein mehrtaktiges Vorspiel vorangestellt, am Liedende ein ein- oder mehrtaktiger Ausklang angehängt.
Übliche Variationen im 12-Bar Blues sind der Quick Change im zweiten Takt, bei dem anstelle der Tonika auf die Subdominante gewechselt wird und der Turn Around, im letzten oder schon vorletzten Takt beginnend, bei dem über die Dominante anstelle der Tonika eine Wiederholung des 12-Takt-Musters eingeleitet wird.
Improvisationen im Blues schöpfen ihren tonalen Vorrat aus den zur jeweiligen Tonart passenden pentatonischen Tonleitern und spezifischen Blues-Skalen. Dabei kann auch eine Skala um Töne einer anderen Skala ergänzt oder zwischen mehreren Tonleitern gewechselt werden.
Ein charakteristisches Element der Blues-Improvisation sind die Blue Notes, die im (auf 12 chromatischen Tönen basierenden) westlichen Harmonieverständnis nicht existieren und beispielsweise auf einem Klavier auch nicht gespielt werden können. Blue Notes werden zwischen der kleinen und großen Terz, der verminderten und reinen Quinte sowie zwischen der kleinen und großen Septime gesetzt. Unrein intonierte Zwischentöne an anderer Stelle werden häufig auch als Dirty Tones bezeichnet. Blue Notes und Dirty Tones werden auf der Gitarre mit Bendings "angesteuert", d. h. ein Ton wird durch Ziehen der entsprechenden Saite geringfügig erhöht. Eher selten wird eine vorgedehnte Saite angeschlagen. Den Zwischentönen ist keine eindeutige Frequenz zugeordnet. Ihr Ton variiert im Ermessen des Musikers.
Ebenfalls charakteristisch für das Blues-Solospiel ist das Prinzip von Call and Response, bei dem die Gitarre auf den Gesang oder die Ansprache eines anderen Instruments antwortet. Häufig übernehmen Blues-Solisten beide Teile und bauen den Call durch erweiterte Wiederholungen auf, um dann mit der Response zu erwidern.
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