Noten und Tabulaturen

 

"Eigentlich möchte ich schon gerne Gitarre lernen, aber ich kann doch keine Noten".

 

Diesen Satz hört man häufig. Die gute Nachricht ist, Notenlesen ist nicht schwierig und allein eine Frage der Übung. Die noch bessere Nachricht ist, um Gitarrespielen zu lernen, muss man nicht nach Noten spielen können.

1. Von der Tabulatur zum mehrlinigen Notensystem

 

Saiteninstrumente, der Gitarre ähnlich, wurden bereits vor vielen Jahrhunderten auf der ganzen Welt gespielt, lange bevor das heutige Notensystem entwickelt wurde. Diese Instrumente waren aber im Gegensatz zur Gitarre nicht "einheitlich", sondern unterschieden sich in Saitenzahl und Stimmung. Um Musik auf dem Papier festhalten zu können, wurden Illustrationen ersonnen, die für jede Instrumentenart spezifisch waren und gleichzeitig als Spielanleitung dienten. Diese Illustrationen nannte man Tabulaturen.

 

Vor der Einführung der mehrlinigen Notensysteme waren Tabulaturen auch für andere Instrumente üblich, nicht nur für die Vorläufer der Gitarre. Mit Verbreitung der einheitlichen Tasteninstrumente in Europa, hat sich auch unser heutiges Notensystem als schriftlicher Standard etabliert.

 

Für die Gitarre trifft das allerdings nur bedingt zu. Obwohl sich bereits schon im frühen 19. Jh. die "Einheits-Gitarre" durchgesetzt hatte, wird Gitarrenliteratur auch heute noch in Tabulaturen niedergeschrieben. Das gilt insbesondere für zeitgenössische populäre Musik.

2. Die "zweigleisige" Gitarren-Notation

 

Auf der Tastatur eines Klaviers liegen alle Tasten nebeneinander. Jede Taste entspricht einem Ton, in der Tonhöhe von links nach rechts ansteigend. Da auf der Tastatur jeder Ton nur einmal vorkommt, kann jede Note einer bestimmten Taste eindeutig zugeordnet werden.

 

Bei der Gitarre ist diese eindeutige Zuordnung aufgrund ihrer in einem bestimmten Verhältnis zueinander gestimmten (üblicherweise) sechs Saiten nicht möglich. Auf dem Griffbrett finden sich viele Töne mehrfach und daher können Noten auch nicht eindeutig einer bestimmten Lage auf dem Griffbrett zugeordnet werden. Selbst wenn ein Gitarrist im Notenlesen sehr geübt ist, wird ihm das Notenspiel vom Blatt schwer fallen, da er nicht wissen kann, welche Fingersätze er wählen muss, um ohne zu stolpern durch das Stück zu kommen.

 

Aus diesem Grund wird die Gitarrenliteratur heute überwiegend in einer Kombination aus dem fünflinigen Notensystem und dem bewährten Ansatz der sechlinigen Tabulatur notiert. Die Tabulatur bildet das Griffbrett der Gitarre ab und ordnet jedem Ton in eindeutiger Weise eine Saite und einen Bund zu. Gleichzeitig gibt sie Hinweise, wie die Töne zu spielen sind, da es unterschiedliche Techniken gibt, einen Ton erklingen zu lassen. Über der Tabulatur sind die Töne im Notensystem abgebildet. Im Notensystem wird der Wert der Noten abgelesen, also wie lange die Noten klingen sollen. Ferner kann man sich einen Überblick über mehrere Takte und die Gruppierung der Noten innerhalb der Takte verschaffen.

 

Hier nun ein Beispiel für eine zweigleisige Gitarren-Notation:


3. Aus dem Gedächtnis spielen

 

Die zweigleisige Gitarren-Notation bieten alle Informationen zur korrekten Wiedergabe eines Musikstückes. Das ist ausgesprochen hilfreich beim Lernen eines neuen Liedes. Dennoch kann sie keine Hörprobe ersetzen und selbst mit viel Übung bleibt das Spiel vom Blatt schwierig.

 

Daher tragen viele Gitarristen ihre Stücke frei vor. Das gilt für Profis und Amateure gleichermaßen. Gitarristen lernen ihr Repertoire auswendig und spielen aus dem Gedächntnis. Eine Ausnahme sind Gitarristen, die sich überwiegend der klassischen Literatur widmen oder in einem Orchester spielen. Bei den zeitgenössischen Musikstilen wird man bei Solisten oder  einer Band vergeblich Notenständer suchen.